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Katsushika Hokusai

Katsushika Hokusai: Der Meister der Wellen und des unbändigen Schöpfungsdrangs

Wenn man von japanischer Kunst spricht, kommt man an Katsushika Hokusai (1760–1849) kaum vorbei. Der gebürtige Edo-Bewohner (heute Tokio) ist vor allem bekannt für seine legendäre Holzschnitt-Serie „36 Ansichten des Berges Fuji“, zu der das ikonische Bild „Die große Welle vor Kanagawa“ (ca. 1830–1832) zählt. Doch Hokusai war weit mehr als ein Genie der Ukiyo-e-Kunst. Er war ein Getriebener, ein ewig Suchender, der rastlos nach Perfektion und Ausdrucksvielfalt strebte. Seine aufregende Biografie liest sich fast wie ein Abenteuerroman, in dem Künstlername, Stil und Lebensphase so oft wechseln wie das Wetter über dem Pazifik.

Ein Leben voller Identitäten

Hokusai hieß nicht immer Hokusai. Tatsächlich änderte er seinen Namen mehr als dreißig Mal. Mal nannte er sich Tawaraya Sōri, mal Hokusai Sōri, mal Gakyō Rōjin („Alter Mann, der in der Kunst verrückt ist“). Seine Namenswechsel markieren Wendepunkte in seiner künstlerischen Entwicklung. So begann er als Lehrling in der Werkstatt des Ukiyo-e-Meisters Katsukawa Shunshō und verwendete zunächst den Künstlernamen, den ihm sein Lehrer gab. Sobald er jedoch eine neue Stilrichtung einschlug oder künstlerisch „neu geboren“ wurde, erfand er sich auch namentlich neu.

Dieses rastlose Streben nach Weiterentwicklung spiegelt sich in seiner Arbeit wider. Statt sich auf einem einzigen Stil auszuruhen, experimentierte er ununterbrochen – mit Komposition, Farbspektren und Themen.

Der Fußeinstieg ins Künstlerleben

Hokusai wurde 1760 als Sohn eines Spiegelmachers geboren. Schon früh zeigte sich sein Talent: Mit etwa 14 Jahren begann er eine Ausbildung als Holzschnitt-Schnitzer, ehe er mit 18 Jahren in die Werkstatt von Katsukawa Shunshō wechselte. Dort lernte er die Grundlagen des Ukiyo-e, jener populären Kunstform der Edo-Zeit, die bunte Bilder aus dem „fließenden Leben“ herstellte: Darstellungen von Kabuki-Schauspielern, Kurtisanen, Alltagsszenen und natürlich von Landschaften.

Diese Grundlagen prägten ihn zutiefst. Allerdings merkte Hokusai bald, dass er mehr wollte, als bloß die beliebten Porträts von Schauspielern oder schöne Stadtansichten – er wollte die gesamte Welt in seiner Kunst einfangen.

Das Highlight: „Die große Welle“ und der Berg Fuji

Wer an Hokusai denkt, dem kommt unweigerlich „Die große Welle vor Kanagawa“ in den Sinn. Das Bild zeigt ein aufgewühltes Meer, dessen tosende Welle mächtiger wirkt als der in der Ferne erkennbare Berg Fuji. Bei genauerer Betrachtung offenbart sich eine fantastische Komposition: Die Welle steht kurz vorm Zusammenbrechen, fast wie eine Kralle, die droht, die kleinen Boote zu verschlingen.

Die Serie „36 Ansichten des Berges Fuji“ (später sogar auf 46 erweitert) ist ein wahres Meisterwerk der Landschaftsdarstellung. Hokusai spielt darin mit Farben, Perspektive und dem Kontrast zwischen dem majestätischen, aber ruhig in der Ferne aufragenden Fuji und den bewegten Alltagsszenen im Vordergrund. Dieses Zusammenspiel von Dynamik und Beständigkeit verkörpert Hokusais künstlerisches Selbstverständnis: Die Natur ist nicht nur Kulisse, sondern eine kraftvolle Protagonistin.

Eine Brücke zwischen Ost und West

Ein spannender Aspekt von Hokusais Schaffen ist sein Interesse an westlichen Techniken. So experimentierte er mit Perspektive, die in Japan eher ungebräuchlich war. Außerdem benutzte er den sogenannten Preußischblau (Berlin Blue) – ein Farbstoff, der über Handelswege aus Europa nach Japan kam und den er in seinen Holzschnitten gern einsetzte, um eine besonders strahlende Tiefenwirkung zu erzielen.

Hokusais Fähigkeit, östliche Ästhetik mit westlichen Einflüssen zu verbinden, machte seine Werke auch in Europa außerordentlich beliebt. Nicht umsonst erlebte man im 19. Jahrhundert eine regelrechte „Japonismus“-Welle, in deren Verlauf Künstler wie Claude Monet, Edgar Degas oder Vincent van Gogh von japanischer Kunst, insbesondere Hokusai, inspiriert wurden.

„Hokusai Manga“ – Die fließende Welt in Skizzen

Neben seinen Landschaften ist Hokusai für eine weitere, gigantische Leistung bekannt: die „Hokusai Manga“ (nicht zu verwechseln mit den modernen Comics). Ab 1814 veröffentlichte er diese in insgesamt 15 Bänden gesammelten Skizzen, die ein breites Spektrum zeigen: Menschen, Tiere, Mythenwesen, Pflanzen, Architektur – ein wahrer Schatz an Studien, der Künstler aller Art inspirieren sollte.

Diese Zeichnungen wirken locker und spontan, fast wie Vorläufer der heutigen Graphic Novels. Gleichzeitig demonstrieren sie Hokusais akribisches Beobachtungsvermögen. Er wollte die Welt in all ihren Facetten erfassen – vom Alltäglichen bis zum Fantastischen.

Der Mensch hinter dem Pinsel: Ein rastloses Genie

Hokusai war jemand, der nie zur Ruhe kam. In seiner Biografie tauchen mehr als 90 Ortswechsel auf, wie man munkelt. Mal zog er freiwillig um, mal zwang ihn eine finanzielle Notlage, ein anderes Mal war seine Werkstatt von Bränden betroffen (was in den dicht bebauten Städten der Edo-Zeit keine Seltenheit war).

Trotz aller Widrigkeiten bewahrte er sich einen unbändigen Schöpfungsdrang. Noch im hohen Alter soll er gesagt haben:

„Hätte ich nur noch fünf Jahre länger zu leben, ich wäre ein wahrer Künstler geworden.“

Eine Aussage, die viel über seinen Perfektionismus verrät. Ob sie nun wortwörtlich so fiel oder nicht – das Bild des nie zufriedenen, stets nach Vollendung strebenden Malers bleibt im Gedächtnis.

Tod und Nachwirken

Hokusai starb 1849, im ehrwürdigen Alter von 88 oder 89 Jahren (je nach Quellenlage und je nachdem, wie man im alten Japan rechnete). Bei seinem Tod war sein Ruhm in Japan zwar beachtlich, jedoch erreichte er postum, vor allem durch den Europa-Boom des Japonismus, eine ungeahnte internationale Anerkennung.

Seine Kunst inspirierte Maler wie Vincent van Gogh, Paul Gauguin oder Édouard Manet – und hat damit die westliche Malerei bis in die Moderne hinein geprägt. Heute erkennt man Hokusais Einfluss in allerlei künstlerischen Disziplinen wieder, von Mode bis Popkultur.

Tipps für den Hokusai-Fan

  1. Blick fürs Detail üben: Wer Hokusai-Werke im Museum betrachtet, sollte sich Zeit nehmen, um in die zahllosen Feinheiten seiner Drucke einzutauchen. Gerade bei seinen Wellenbildern wird jede Gischt-Spritzern so raffiniert integriert, dass sie eine eigene Geschichte erzählen könnten.
  2. Experimentierfreudig sein: Hokusai war offen für neue Ideen, Materialien und Methoden. Warum nicht selbst einmal auf unkonventionelle Art zeichnen oder malen? Ganz im Sinne des Meisters: Immer wieder Neues wagen.
  3. Inspiration für den Alltag: Hokusais Skizzen zeigen das Alltägliche in einem besonderen Licht. Schau dich einmal um und frage dich, wie Hokusai eine einfache Szene – etwa ein Markt oder eine Hauskatze – dargestellt hätte. Du wirst überrascht sein, wie viel Magie im Gewöhnlichen steckt.

Fazit: Ein Pionier, der die Welt in Wellen versetzt

Katsushika Hokusai war ein Visionär, der keine künstlerische Grenze akzeptierte. Seine Holzschnitte und Zeichnungen revolutionierten nicht nur die japanische Kunst, sondern beeinflussten auch die große Bühne der westlichen Malerei. Mit seiner rastlosen Schaffenskraft, seinen wechselnden Künstlernamen und dem unbändigen Wunsch, die gesamte Welt in Bildern festzuhalten, ist er bis heute ein leuchtendes Beispiel für unendliche Kreativität.

Wer einmal „Die große Welle vor Kanagawa“ gesehen hat, wird sie nicht mehr vergessen. Sie ist mehr als nur eine Welle – sie ist ein Symbol für den Mut, sich ins Unbekannte zu stürzen, für die unbezwingbare Natur und für die unendliche Kraft künstlerischer Inspiration. So bleibt Hokusai, der selbst im Alter noch meinte, er sei weit davon entfernt, ein wahrer Künstler zu sein, für uns ein ewiger Ansporn, nie aufzuhören, unsere eigenen Horizonte zu erweitern.

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